Wollen Sie glücklich sein? Dann streichen Sie doch einfach alle Erwartungen und sparen sich dadurch die Enttäuschung.

Ganz so einfach ist das natürlich nicht, denn Erwartungen gehören zu unserem Leben. Sie lassen uns vorausschauen und erlauben uns dadurch eine schnelle Bewertung bestimmter Situationen oder Verhaltensmuster.

Vermeiden Sie Enttäuschungen

Die provokante Glücksformel bezieht sich nicht auf Erwartungen generell, sondern auf falsche Erwartungen. Diese sind für unser Wohlbefinden schädlich, denn sie sind immer mit Enttäuschungen verbunden.

Enttäuschungen lassen sich demzufolge vermeiden, wenn Sie mit der richtigen Erwartungshaltung an die Sache gehen. Was ist aber die „richtige Erwartungshaltung“? Darauf gibt es keine allgemeine Antwort. Denn wie Sie mit Ihren Ansprüchen umgehen und die Erwartungen gewichten, ist Ihre ganz individuelle Entscheidung – und hängt nicht zuletzt auch immer von der jeweiligen Situation ab.

Es gibt jedoch Kriterien, die Sie im Umgang mit Erwartungen berücksichtigen können.

Der Druck von innen und außen

Erwartungen sind zum einen der Maßstab, mit dem Sie sich oder Ihre Leistung messen. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Anspruch: „Meine Arbeit soll perfekt werden“.

Darüber hinaus gibt es Erwartungen, die andere Menschen mit Ihnen oder Ihrer Arbeit verbinden. So könnte Ihre Betreuerin sagen: „Wenn Sie das Thema interessant aufbereiten, kann ich Ihren Artikel beim nächsten Sammelband berücksichtigen.“ Dieser Satz ist oft nur motivierend gemeint, kann Sie aber auch unter Druck setzen. Vielleicht interpretieren Sie ihn ja als Aufforderung, sich noch mehr Mühe zu geben als Sie das ohnehin schon tun.

Die Grenzen zwischen den eigenen Erwartungen und dem, was andere von Ihnen erwarten, sind fließend. Und nicht selten werden die Wünsche der anderen zu Ihren eigenen Erwartungen. Wenn Sie zum Beispiel oft genug von Ihren Eltern gehört haben, dass gute Noten die Voraussetzung für Erfolg im Leben sind, glauben Sie das irgendwann selbst – und machen diesen Glaubenssatz zu Ihrem Anspruch.

Machen Sie sich bewusst, dass falsche Erwartungen – egal, ob von innen oder von außen – einen negativen Einfluss auf Ihr Schreibprojekt haben.

Das richtige Maß

Zu hohe Erwartungen sind im Schreibprozess ebenso hinderlich wie zu geringe.

Eine überzogene Vorstellung von dem, was Sie erreichen wollen, wird Sie unter Druck setzen. „Meine Dissertation wird mit einem ‚Summa‘ bewertet,“ ist grundsätzlich ein Ziel, auf das es sich hinzuarbeiten lohnt. Wenn Sie beim Schreiben aber merken, dass Sie sich dabei übernommen haben und Ihr (zu) hoch gestecktes Ziel nicht erreichen können, wird Sie das frustrieren. Im schlimmsten Fall verlieren Sie den Mut und geben gleich ganz auf.

Mit der Einstellung: „Hauptsache, ich komme durch. Die Note ist mir völlig egal,“ signalisieren Sie eine gewisse Gelassenheit. Das kann Sie vor Enttäuschungen bewahren. Hier stellt sich jedoch die Frage, mit welcher Motivation Sie an die Arbeit gehen. Wenn Sie keine Herausforderung spüren, kommt auch keine Lust am Schreiben auf. Dann werden selbst minimale Anforderungen zur Qual. Und am Ende macht sich dann vielleicht doch noch Enttäuschung breit, weil die Anstrengung zu groß und das Ergebnis nicht zufriedenstellend – oder sogar nicht ausreichend – war.

Der Weg zu einer realistischen Erwartungshaltung

Um sich Enttäuschungen beim Schreiben zu ersparen, brauchen Sie eine Erwartungshaltung, die zu Ihnen und Ihrem Schreibprojekt passt. Dazu müssen Sie die vorhandenen Erwartungen identifizieren, sie bewerten und hinsichtlich ihrer Bedeutung einordnen.

Schritt 1: Identifizieren Sie die Erwartungen

Überlegen Sie sich, welche Erwartungen Sie mit Ihrer Arbeit verknüpfen. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob Sie „nur“ den Teilnahmeschein wollen oder ernsthaft am Thema interessiert sind und daran vielleicht später noch weiterarbeiten.

Zu dem eigenen Anspruch kommen im Rahmen der Arbeit oft noch die Erwartungen von anderen Menschen. Vielleicht machen Ihre Eltern Druck: „Wenn wir nicht bald Ergebnisse sehen, werden wird das Budget kürzen müssen.“ Manchmal lästern auch die Freunde: „Na, ob Du in diesem Leben nochmal mit der Dissertation fertig wirst?“ Oder Ihre Freundin ist genervt: „Immer musst Du arbeiten. Wir wollten dieses Wochenende doch wegfahren.“

Schritt 2: Bewerten Sie die Erwartungen

Werfen Sie nun einen Blick auf die ermittelten Erwartungen. Dabei werden Sie vielleicht feststellen, dass sich einige konträr zueinander verhalten. Und Sie merken, dass Sie nicht allen Ansprüchen gerecht werden können.

Entscheiden Sie sich! Denn das beeinflusst maßgeblich Ihre Herangehensweise:

  • Wenn es Ihnen nur um den Schein geht, werden Sie den Aufwand so gering wie möglich halten. Sie können sich beim Thema und der Forschungsfrage an bisherigen Arbeiten orientieren und das vorhandene Wissen dafür „recyclen“. Das ist effektiv, denn Sie investieren dabei nur ein Minimum an Kraft und Zeit.
  • Ist Ihnen der Wissenserwerb wichtig, lassen Sie sich von Ihren Interessen leiten. Durch den Spaß am Lernen tritt der damit verbundene Kraft- und Zeitaufwand in den Hintergrund. Jede Erkenntnis wird für Sie zum Glücksmoment und lässt Sie die Anstrengungen vergessen.

Schritt 3: Priorisieren Sie die Erwartungen

Abschließend sollten Sie für alle Erwartungen – ebenso wie für Ihre Ziele – Prioritäten festlegen. Dabei kann die ABC-Methode helfen.

Ordnen Sie alle Erwartungen, die mit Ihrer Arbeit verbunden sind, eine der folgenden Kategorien zu:

A-Erwartungen sind essentiell, denn sie haben einen direkten Einfluss auf den Erfolg Ihres Schreibprojekts: Wollen Sie zu einem bestimmten Termin fertig sein oder geben Sie die Arbeit erst ab, wenn Sie rundum zufrieden sind? Beides erreichen zu wollen, ist meist unmöglich. Hier legen Sie Ihren Schwerpunkt fest – und schrauben damit automatisch die Erwartungen in den anderen Bereichen etwas runter.

Die Fokussierung auf eine bestimmte Erwartung wird Sie vor Ihrem eigenen Perfektionismus bewahren. Überzogene Erwartungen basieren nämlich meist auf der Annahme, in allen Bereichen Höchstleistungen vollbringen zu können. Das ist jedoch ausgeschlossen.

B-Erwartungen sind wichtig, weil sie der Indikator sind für die Zufriedenheit der am Schreibprojekt beteiligten Personen.

Bei konträren Erwartungen müssen Sie sich entscheiden: Wollen Sie sich selbst mit der Arbeit glücklich machen oder Ihre Betreuerin, Ihre Eltern, die Freunde? Oder anders herum: Wen werden Sie enttäuschen?

C-Erwartungen sind nicht ganz so wichtig, aber keinesfalls zu vernachlässigen. Denn hier ist Raum für Ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen.

Abschließend möchte ich Ihnen noch drei Hinweise mit auf den Weg geben:

  • Überlegen Sie sich, was Ihnen wirklich wichtig ist. Mit Sicherheit müssen Sie nicht jede Erwartung erfüllen, die von außen an Sie herangetragen wird.
  • Vergleichen Sie sich nicht mit anderen. Dabei sehen Sie nämlich immer nur die positiven Aspekte der anderen und nicht das ganz Bild.
  • Bedenken Sie, dass manchmal auch der Weg das Ziel ist.

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