Recherche und Literaturaufbereitung sind die Grundlage jeder wissenschaftlichen Arbeit. Da Sie gewöhnlich nicht die erste sind, die sich mit einem bestimmten Thema beschäftigt, müssen Sie auch den Forschungsdiskurs anhand der verwendeten Literatur abbilden und sich dazu positionieren.

Nun ist es aber so, dass im Schreibprozess oft unendlich viel Zeit durch „ungezieltes Lesen“ verloren geht. Doch auch wenn Recherche und Literaturaufbereitung überaus wichtig sind, dürfen Analysieren, Auswerten und Schreiben nicht aus Zeitmangel in den Hintergrund geraten.

Es geht also darum, die Literaturrecherche und den Leseprozess so effizient wie möglich zu gestalten. Aber woher wissen Sie, welche Informationen für Ihre Arbeit relevant sind? Und wie kommen Sie an die für Sie wichtigen Daten? Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Quellen aus? Und wie nehmen Sie das dort präsentierte Wissen am besten auf?

Die Qualität der Quelle

In wissenschaftlichen Arbeiten berufen Sie sich nicht nur auf Ihr Wissen, sondern auch auf Daten oder Erkenntnisse, die Sie von anderen übernehmen. Um Ihrer Leserin zu signalisieren, welche Information aus welcher Quelle stammt, sind alle Angaben zu kennzeichnen.

Grundsätzlich gilt: Alles, was Sie nicht explizit mit einer Quellenangabe versehen haben, wird als Ihr Wissen oder Ihre Meinung interpretiert. Deshalb müssen Sie Texte, Bilder oder Ideen, die nicht von Ihnen stammen, eindeutig als Fremdwissen kennzeichnen. Tun Sie das nicht, setzen Sie sich dem Vorwurf des Plagiats aus.

Mit Blick auf geeignete Quellen für wissenschaftliche Arbeiten müssen Sie neben der Transparenz auch sicherstellen, dass die von Ihnen zitierten Informationen vertrauenswürdig sind. Prüfen Sie daher immer, ob Ihre Quellen zitierfähig/zitierbar und zitierwürdig sind.

Gibt es eine Autorin?

Eine Quelle ist zitierbar, wenn sie einer namentlich genannten Autorin zugeordnet werden kann und dauerhaft nachprüfbar ist. Das gilt in der Regel für

  • veröffentliche Bücher und Zeitschriften mit entsprechendem Beleg,
  • (selbst-)erhobene, unveröffentlichte Daten, sofern sie der Leserin zur Überprüfung zugänglich gemacht werden, zum Beispiel im Anhang oder mit Verweis auf ein Archiv,
  • (selbst-)geführte Interviews, wenn sie transkribiert/aufbereitet wurden und der Leserin zur Verfügung stehen, und
  • Internetquellen mit URL, Autorin und Abrufdatum – oder mit DOI „Digital Object Identifier“.

Mündliche Auskünfte müssen ebenfalls gekennzeichnet werden, zum Beispiel als „persönliche Kommunikation mit … am …“.

Wie glaubwürdig sind die Informationen?

Quellen in wissenschaftlichen Texten sollten nicht nur zitierfähig, sondern auch zitierwürdig sein. Um herauszufinden, ob eine Quelle „seriös“ ist, müssen Sie überprüfen,

  • ob sich die Quelle an ein Fachpublikum wendet – anders als das bei populärwissenschaftlichen Texten der Fall ist,
  • ob die Autorin (in diesem Bereich) qualifiziert beziehungsweise im Fachbereich renommiert ist und
  • ob die Quelle in einem wissenschaftlichen Verlag veröffentlicht wurde oder von einer Forschungseinrichtung oder Hochschule herausgegeben wurde.

Selbstverständlich können Sie auch nicht zitierwürdige Quellen in Ihrer Arbeit verwenden. So ist es zum Beispiel besser, eine populärwissenschaftliche Quelle anzuführen als gar keine. Bedenken Sie dabei aber, dass die Verwendung von seriösen Daten den Wert Ihrer Arbeit erhöht. Durch unseriöse Quellen hingegen schwächen Sie auch Ihre eigene Argumentation.

Die Nadel im Heuhaufen finden

Mit dem Fokus auf zitierwürdige Quellen grenzen Sie die notwendigerweise durchzuarbeitende Literatur schon etwas ein. Bei den meisten Themen wird Ihnen aber immer noch sehr viel Literatur zur Verfügung stehen. Da stellt sich die Frage: Was müssen Sie überhaupt lesen?

Ganz einfach: Alle Informationen, die Ihnen Antworten auf Ihre Forschungsfrage liefern können, sind für Ihre Arbeit von Bedeutung und sollten deshalb auch von Ihnen berücksichtigt werden. Die erste Herausforderung besteht also darin, die für Ihre Arbeit relevante Literatur zu finden.

Wie finden Sie relevante Beiträge?

Gehen Sie bei der Recherche am besten rückwärts chronologisch vor und sehen Sie sich die aktuellen Beiträge zu Ihrem Thema als erstes an. So bekommen Sie zum einen schnell einen Überblick zum Stand der Forschung. Außerdem finden Sie in gut recherchierten Arbeiten auch Kommentare oder Diskussionen zu den dort verwendeten Quellen. Das hilft Ihnen bei der Positionierung.

Wenn Sie ein für Ihre Arbeit relevantes Werk gefunden haben, sollten Sie gleich einen Blick in das Literaturverzeichnis werfen. Dort finden Sie oft Anregungen für weiterführende Literatur zu Ihrem Thema. Im besten Fall sind das Texte, die Sie bisher nicht „auf dem Schirm“ hatten.

Wie wählen Sie aus, was Sie lesen?

Sehen Sie sich bei umfangreichen Werken immer zuerst das Inhaltsverzeichnis an und markieren Sie sich die Abschnitte, die Ihnen interessant erscheinen. Lesen Sie dann die ausgewählten Beiträge quer und entscheiden Sie auf dieser Grundlage, ob der Text für Ihre Arbeit relevant ist.

Fragen Sie sich dazu, auf welche Ihrer Forschungsfragen dieser Abschnitt Ihnen Antworten liefern soll.

Gute Hinweise darauf, ob ein Werk für Ihr Thema grundsätzlich relevant ist, finden Sie meist auch in der Einleitung oder der Zusammenfassung.

Gestalten Sie Ihre Recherche effizient

Setzen Sie sich beim Recherchieren immer ein Zeitlimit. Meiner Erfahrung nach können Sie bereits in zehn Minuten einschätzen, ob ein Beitrag generell für Ihre Arbeit wichtig ist. Nach etwa 20 Minuten sollten Sie (zumindest bei kürzeren Beiträgen von bis zu zehn Seiten Länge) wissen, ob Sie dort Antworten auf Ihre Fragen finden.

Fokussiertes Lesen

Beim Lesen besteht das Ziel darin, die für Ihre Forschung relevanten Informationen aus dem Text zu ziehen. Einen Beitrag intensiv zu lesen, der ganz allgemein „interessant“ erscheint, ist meist nicht zielführend. Denn dadurch haben Sie zwar Ihren Horizont erweitert, sind aber bei der Bearbeitung Ihrer Fragen nicht vorangekommen.

Beschränken Sie sich auf eine einzige Frage

Gehen Sie mit einer ganz konkreten Fragestellung in den Text und setzen Sie sich – ebenso wie bei der Recherche – ein angemessenes Zeitlimit für die Lektüre. So reichen zum Beispiel 30 Minuten für einen zehnseitigen Text.

Notieren Sie sich die zu Ihrer Frage passenden Kernaussagen. Kennzeichnen Sie dabei auch, ob Sie Textteile wörtlich übernommen oder paraphrasiert an Ihre Frage angepasst haben. Vergessen Sie am Ende nicht die Referenz (Autorin, Erscheinungsjahr, Seitenzahl).

Vorbereitung für die zweite Runde

Interessante, aber nicht zu Ihrer aktuellen Frage passende Textpassagen dürfen Sie einfach überlesen. Wenn Ihnen Informationen auffallen, die bei anderen Fragen relevant sein könnten, notieren Sie sich das auf einem Extrablatt. Lesen Sie den Text dann zu gegebener Zeit mit der entsprechenden Fragestellung ein zweites Mal.

Das fokussierte Lesen, also die Begrenzung auf eine einzige Frage, ist das Geheimnis effizienten Lesens. Es ist immer besser, einen Text fünf Mal schnell aus fünf verschiedenen Perspektiven heraus zu lesen als einmal gründlich – in der Hoffnung, dabei alle Aspekte zu erfassen.